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Islas Galápagos

Islas Galápagos

Montag, Februar 26, 2024

Die nächste Etappe meiner Reise führte mich nach Ecuador, und als erstes in die wohl gefährlichste Stadt Südamerikas: Guayaquil.

In den Häfen von Guayaquil legen die Frachter ab, welche die Ware des grössten Bananenexporteurs der Welt nach Europa bringen – allerdings sind häufig nicht nur die gelben Früchte an Bord, sondern auch weisses Pulver aus den Nachbarländern. Zur Drehscheibe für den Kokainhandel und einem "Hotspot der Gewalt", wie die NZZ die Stadt in einem Ende Januar erschienenen Artikel nannte, wurde Guayaquil erst vor Kurzem. Seit Ex-Präsident Rafael Correa eine Luftwaffenbasis der USA schliessen liess und die Visumspflicht für etliche Staaten aufhob, konnten sich die albanische Mafia und die kolumbianischen Drogenbanden ausbreiten. Im Kampf gegen die Staatsgewalt und um Vorherrschaft zwischen den Banden kam es letztes Jahr in Ecuador zu 7'500 Toten; 3'600 Menschen wurden allein in Guayaquil und Umgebung ermordet. Seit Anfang Januar der Drogenboss José Adolfo Macías aus einem Gefängnis hatte fliehen können und Aufstände in mehreren Gefängnissen ausgebrochen waren, wurde landesweit der Ausnahmezustand und eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.

Da fast alle Verbindungen in die Galápagos-Inseln über den Flughafen von Guayaquil abgewickelt werden, sah ich mich gezwungen, eine Nacht in der grössten Stadt des Landes zu verbringen. Glücklicherweise ist der Flughafen einerseits nicht im Fokus der kriminellen Banden und andererseits von der Armee beschützt. Ähnlich wie die reicheren Einwohner der Stadt in ihren Gated Communities begab ich mich in ein bewachtes Luxushotel direkt am Flughafen, wo ich von der Situation vor Ort nichts mitbekam.

Tags darauf flog ich auf die östlichste der Galápagos-Inseln, San Cristóbal. Zu Fuss erreichte ich in wenigen Minuten den Hauptort, Puerto Baquerizo Moreno, wo schon der wohl berühmteste Besucher, Charles Darwin, am 15. September 1835 das Archipel zum ersten Mal betreten hatte. Von den dreizehn grossen und über hundert kleinen Inseln sind nur fünf bewohnt. 97.5 % der Landfläche sind Teil des Nationalparks, 99 % der Gewässer in der ausschliesslichen Wirtschaftszone stehen unter strengem Naturschutz. Mit 198'000 km² Fläche ist es eines der grössten Meeresschutzgebiete weltweit. 1978 gehörte die Inselgruppe wegen ihrer aussergewöhnlichen Flora und Fauna zu den ersten Einträgen in die Liste des Weltnaturerbes der UNESCO, gleichzeitig beispielsweise mit dem Yellowstone-Nationalpark. Rund 40 % der Fauna ist endemisch, kommt also nur hier natürlich vor.

Eidechse

Gleich nachdem ich mein Gepäck bei meiner freundlichen Gastfamilie gelassen und von dieser gleich auch Schorchelausrüstung bekommen hatte, machte ich mich auf zum Informationszentrum und den dahinter liegenden Wegen. Vom Gipfel des Cerro Tijeretas, der nach den scherenartigen Schwänzen der Prachtfregattvögel benannt ist, konnte ich zahlreiche Exemplare ebendieser beim Fliegen beobachten. Sie verbringen die meiste Zeit in der Luft und können grosse Distanzen zurücklegen, ohne je zu landen. Die Männchen haben einen grossen scharlachroten Kehlsack, den sie bei der Balz aufblähen; das ist von März bis Mai der Fall. Interessanterweise sind diese Seevögel ziemlich wasserscheu und erbeuten vor allem fliegende Fische oder solche, die auf der Flucht vor Thunfischen oder Delfinen aus dem Wasser springen. Zum Teil überfallen sie auch andere Vögel im Flug und zwingen sie, deren Beute fallen zu lassen, was ihnen den Vergleich mit den Fregatten von Piraten eingebracht hat. Ergänzt wird der Speiseplan durch Eier und Jungtiere anderer Vögel.

Prachtfregattenvogel

In der Bahía Tijeretas unterhalb des Bergs begegnete ich dann einigen Galápagos-Seelöwen, die sich auf zwei Plattformen breitgemacht hatten. San Cristóbal beherbergt die grösste Population und ganz offensichtlich sind sich die Tiere Menschen gewöhnt, jedenfalls beachten sie die Zweibeiner kaum, jene umgekehrt sind dafür umso verzückter. Auf dem Weg zum Wasser scheuchte ich eine ganze Schar von Roten Klippenkrabben auf, die ganz offensichtlich auch senkrechte Wände hochkrabbeln können. Unter Wasser begegnete ich dann einer Reihe bunter Fische, bis plötzlich ein grosser Seelöwe unter mir erschien. Etwas mulmig wurde mir schon; Männchen können territorial sein und Menschen dann gefährlich werden. 

Rote Klippenkrabben

An der Playa Punta Carola war gerade Brutzeit für die Meerechsen, die hier endemisch sind. Es ist die einzige Leguanart, die im Meer Nahrung sucht und dabei ihren kräftigen Schwanz zum Schwimmen nutzt. Zu meiner grossen Freude konnte ich auch einen winzigen Einsiedlerkrebs mit seinem Recycling-Häuschen entdecken, der durch die Muschelfragmente am Strand huschte. Deutlich einfacher waren dagegen die Seelöwen zu finden, die faulenzend im Sand lagen oder fröhlich durch die Wellen jagten, teilweise aus dem Wasser sprangen und immer wieder ihre urkomischen Laute ausstiessen. Faszinierend, wie wendig und agil die Tiere im Wasser sind!

Seelöwen bei Punta Carola
Einsiedlerkrebs

Den nächsten Tag begann ich am Malecón, der Uferpromenade. Es war der letzte Tag des alljährlichen Galápagos-Fests und die Marschmusiken der verschiedenen Schulen spielten auf, gefolgt von uniformierten Schülern und dem Personal. Die vielen Seelöwen, die am Strand schlafen und ihre Jungen säugen, dürfte die einigermassen frühe Störung nicht begeistert haben. Ich marschierte nach einer Weile zur Lobería, einem Strand mit herrlich klarem Wasser, in dem sich Fischschwärme und Seelöwen tummelten. Auch einige Pelikane liessen sich ab und zu blicken und führten ihre ulkige Art der Jagd vor.

Pelikan auf San Cristóbal

Am Nachmittag machte ich einen kleinen Ausflug in die Berge und auf die andere Seite der Insel. Die Galápagos-Inseln entstanden dadurch (bzw. entwickeln sich weiterhin), dass sich die Nazca-Platte, auf der sie sich befinden, über einen Hotspot gleitet. Die östlichsten Inseln (Española und San Cristóbal) sind daher älter als die westlichsten (Isabela und Fernandina). Mit maximal 3 Millionen Jahren sind sie nach geologischen Massstäben gleichwohl sehr jung. Ein Überbleibsel davon ist der Kratersee von El Junco, der einzige Süsswasserspeicher der Inselgruppe. Dank Meerwasserentsalzung, Regenwassersammlung und Mineralwasserimport ist ein Leben hier überhaupt erst möglich.

El Junco

Weiter ging es zur Galapaguera Cerro Colorado, einer Aufzuchtstation für die Riesenschildkröten, die den Inseln ihren Namen gaben. Auf jeder Insel lebt bzw. lebte eine andere Art (auf Isabela sogar fünf Stück), deren auffälligstes Unterscheidungsmerkmal die Form des Panzers ist. Dieser Umstand, zusammen mit den Unterschieden bei Spottdrosseln, von denen es auf dem Archipel vier Arten gibt und die denen auf dem Festland ähneln, inspirierte Charles Darwin zu seiner damals kontroversen Theorie der natürlichen Selektion, die er 1859 in seinem wohl bekanntesten Werk, "On the Origin of Species", publizierte.

Die Schildkröten können bis zu einem Jahr ohne Nahrung und Wasser auskommen, was grausamerweise bei vier Arten zur Ausrottung und bei den übrigen elf zu einer starken Dezimierung der Bestände geführt hat: Als die Piraten, die sich bis ins 19. Jahrhundert gerne auf den Inseln versteckten, diesen Umstand erkannten, sperrten sie lebende Tiere unter Deck ein, um vor der Erfindung des Kühlschranks auch bei längeren Seereisen Frischfleisch zur Verfügung zu haben. Heute sind Katzen, Schweine und Ratten eine Bedrohung, da sie Eier und Jungtiere verspeisen, und bis 2008 wilde Ziegen, welche die Nahrung wegfressen. Die Ziegen wurden allerdings im Rahmen eines Projekts des Nationalparks von Helikoptern aus systematisch erlegt. Die Langlebigkeit der Schildkröten hilft jetzt bei den Aufpäppelungsprojekten – geschätzte 176 Jahre alt wurde ein Exemplar im Australia Zoo. Es ist unglaublich, den Panzertieren auf einem Gehweg durch die Zuchtstation zu begegnen und die winzigen Jungtiere in ihren Käfigen zu sehen – kleiner als die Pranken eines ausgewachsenen Exemplars! Mit fünf Jahren werden die Schildkröten ausgewildert, in ihren natürlichen Lebensraum auf der Nordseite der Insel.

Riesenschildkröte

Zum Abschluss des Ausflugs durfte ich am traumhaften Strand Puerto Chino baden, der in einer kleinen Felsbucht gelegen ist. Auf dem Weg sah ich einige der Opuntien, eine Gattung der Kakteengewächse, die sich wegen des Kampfs um Licht und des Frasses von Schildkröten auf Galápagos baumförmig ausgebildet hat.

Opuntien auf Isabela

Eine Rundfahrt zu Wasser brachte mich am dritten Tag im Paradies zu entfernteren Teilen der Insel. Nur punktuell, innerhalb markierter Wege, kann man die Inseln auf dem Landweg erkunden; es gibt kaum Strassen, und wozu auch. An diesem Tag war die See kabbelig und der Grossteil der Passagiere wurde seekrank – ich selbst blieb dankenswerterweise verschont. Wir legten unseren ersten Stopp am León Dormido ein, einem Felsen, der von fern an einen schlafenden Löwen erinnert. Das Wasser war klar und die Sicht fantastisch, ausser einem Schwarm Fische weit unter mir konnte ich allerdings von der grossen Artenvielfalt nicht viel sehen. Etwas unheimlich war es dennoch oder gerade deswegen, vor allem auch, weil der Grund nicht zu erkennen war und wir über der blauen Tiefe schwebten. Ganz unglücklich war ich daher nicht, als wir weiterfuhren zum Monte Brujo,wo ein Felstor einen Blick zurück auf den Felsen bietet.

An der Playa Sardina begegneten wir eigentümlichen Spuren im Sand, die bis zur Anhöhe mit den ersten Pflanzen reichten: Aktuell ist die Brutzeit der riesigen Meeresschildkröten, die des Nachts ihre Eier ablegen und sich dabei an der Vegetation orientieren. Auch Galápagos-Geisterkrabben konnte ich dabei beobachten, wie sie flink über den Strand huschten und in ihren Höhlen verschwanden.

Schildkrötenspuren
Geisterkrabbe

An der Punta Pitt am Nordende begegneten wir einer von nur zwei Kolonien Rotfusstölpel weltweit, hielten uns aber wegen des Wellengangs nicht lange dort auf. Nicht weit davon entfernt sahen wir auf offener See eine Schule Grosser Tümmler, die uns ein kleines Stück lang begleiteten. In der Bahía Rosa Blanca machten wir noch einen Schnorchelstopp, bei dem wir eine von menschlicher Präsenz unbeeindruckte Meeresschildkröte beim Fressen beobachten konnten.

Am Folgetag nahm ich die Fähre zur zentral gelegenen Insel Santa Cruz, wo Puerto Ayora als Umsteigehafen für alle Schiffsverbindungen dient. Die Reisenden werden dabei auf eine Reihe von kleinen Schnellbooten aufgeteilt, welche die Überfahrt in zwei Stunden bewältigen. Die See war dieses Mal ruhig und so kam ich entspannt im grössten und gepflegtesten Ort der Provinz an. Im Fischereihafen wartete eine Schar Pelikane geduldig auf Fischreste – unter strengen Auflagen ist Fischfang mit traditionellen Methoden erlaubt. Während meines rund vierstündigen Aufenthalts besuchte ich die Austellungsräume der Fundación Charles Darwin, die über die Inseln und die wertvolle Arbeit der Stiftung informieren. Die Stiftung betreibt eine Forschungsstation und setzt sich für die Erhaltung der endemischen Arten sowie die nachhaltige Entwicklung des Archipels ein.

Im Fischereihafen von Puerto Ayora

Die Inselgruppe ist auf einer heutigen Weltkarte sehr einfach zu finden: Sie kuschelt sich an den Schnittpunkt zwischen dem dem Äquator und dem 90. westlichen Meridian. So gut erforscht war die Welt Anno 1535 freilich noch nicht, als der Dominikanermönch und Bischof von Panama, Bruder Tomás de Berlanga, auf dem Weg nach Lima während einer Flaute abgetrieben wurde und die "Islas Encantadas", die Verzauberten Inseln, entdeckte. Vier grosse Meeresströmungen kommen hier zusammen: Der Humboldtstrom mit kaltem, salzreichem Wasser, der Südäquatorialstrom mit kaltem Oberflächenwasser, der Panamastrom mit warmem, weniger salzigem Wasser und dem Cromwellstrom, welcher von Westen her aus der Tiefe aufsteigt und mit seinem Nährstoffreichtum die hohe biologische Aktivität ermöglicht. Es wird angenommen, dass die an Land lebenden Arten auf Vegetationsflossen von Mittel- und Südamerika her auf die Insel gelangten – was erklärt, weshalb verschiedene Reptilien, aber wenige Säugetiere und gar keine Amphibien auf Galápagos heimisch sind. Aufgrund der verschiedenen Strömungen kann das Meer rund um die und zwischen den Inseln sehr unruhig sein – davon merkte ich aber auch bei meiner zweiten Überfahrt nach Isabela nichts.

Isabela ist die grösste Insel und gilt als diejenige mit der grössten Artenvielfalt. Ich hatte mich direkt an meinem ersten Tag dort für ein Intensivprogramm entschieden. Am Morgen ging es früh los zu einer Schorcheltour um und durch Tunnel, welche Lava beim Erstarren im Kontakt mit Meerwasser gebildet haben. Neben einer Vielzahl an Fischen und einem Tigerschlangenaal liessen sich die majestätischen Meeresschildkröten beim Fressen beobachten. Ausserdem ruhten sich Weissspitzen-Riffhaie am Boden aus – anders als andere Haie brauchen sie sich nicht zu bewegen, um die Kiemen mit frischem Wasser, das heisst Sauerstoff, zu versorgen. Bei einem Mangrovenwald zeigte der Guide uns sogar Seepferdchen, die man sonst nur beim Tauchen sieht. Auch die Bootsfahrten hatten es in sich: Ein sich paarendes Meeresschildkrötenpaar, eine Schule Grosser Tümmler und mehrere Mantarochen konnten wir beobachten – ein riesiger Rochen sprang sogar aus dem Wasser und liess sich rücklings wieder hineinklatschen.

Meeresschildkröte
Weissspitzen-Riffhai
Seepferdchen

Am Nachmittag dann stand für mich ein Kayakausflug auf dem Programm. Wir paddelten zum Inselchen Tintorera und konnten Galápagos-Pinguine erspähen. Es handelt sich dabei um die seltenste Pinguinart und die einzige, die am Äquator und (denkbar knapp) auf der Nordhalbkugel lebt. Die Pinguine kommen nur dort vor, wo das kalte Wasser des Cromwellstroms dominiert und erfrischen sich ab und zu während der Ruhephase im Meer. El Niño ist jeweils ein verheerendes Ereignis für die Tiere, weil durch die Veränderungen der Meeresströmungen die Nahrung ausbleibt, ergo können ganze Bruten zugrunde gehen und erwachsene Pinguine verenden.

Galápagos-Pinguine

Im Wasser unter uns konnten wir Schwarzspitzen-Riffhaie, Galápagos-Seelöwen und Gefleckte Adlerrochen beobachten, über der Oberfläche Madeirawellenläufer, die direkt an der Wasseroberfläche ihre Beute fangen und dabei auf dem Wasser zu trippeln scheinen. Prachtfregattenvögel und Blaufusstölpel bevölkerten die Lüfte. Bei letzteren entsteht die Blaufärbung der Füsse und Schnäbel durch Pigmente, die in ihrer Nahrung enthalten sind.

Madeirawellenläufer
Blaufusstölpel

Zum Abschluss des Tages schorchelte ich noch einmal, dieses Mal in der Bucht Concha de Perla ("Perlenmuschel"). Die Wurzeln der umgebenden Mangroven dienen vielen Lebewesen als Kinderstube. Fische aller möglichen Grössen, Formen und Farben erfeuen die Betrachter. Im Verlauf von drei Tagen sah ich hier diverse grosse Seesterne, eine Riesenmuschel, einen Octopus, der bei meinem Näherkommen zweimal blitzschnell die Farbe wechselte und sich dann in einer Felsspalte verkroch, drei Gefleckte Adlerrochen, die ruhig durchs Wasser zogen, Meeresschildkröten, pfeilschnelle Seelöwen und einen ruhenden Weisspitzenhai. An Land waren die Bänke und der Boden regelmässig von den tierischen Ureinwohnern besetzt, die teilweise ungehalten reagierten, wenn Fremde vorbei wollten. 

Meeresschildkröten
Seelöwen und Meerechse

Einen Halbtag verbrachte ich wiederum in den höheren Lagen. Es gibt auf den Inseln ganze sieben Vegetationszonen, die von der Höhe über dem Meeresspiegel abhängen. Von Mangrovenwäldern an der Küste über Trockenzonen mit Kakteen, tropisch-feuchten Bergwäldern und Bereichen mit zahlreichen Epiphyten bis hin zu Pampas-Grasland reicht die Spannweite. 

Ziel des Ausflugs war die enorme Caldera des Volcán Sierra Negra. Sie misst unglaubliche 12 km im Durchmesser und ist damit der zweitgrösste aktive Vulkankrater der Welt. Er enthält eine Erhebung mit zahlreichen Solfatoren – vom vielen Schwefel ist der Boden knallgelb gefärbt, der Ort wirkt beinahe nicht real. Bis zur Gründung des Nationalparks 1959 wurde hier Schwefel abgebaut. Aber nicht nur Wasser, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid treten hier mit Temperaturen von 65 bis 300 °C aus, sondern auch gelöste Schwermetalle wie Quecksilber oder Arsen.

Krater des Volcán Sierra Negra
Solfatoren

Am siebten Tag meines Aufenthalts machte ich einen Ausflug zu Fuss in Richtung Muro de las Lágrimas. Diese unnütze Mauer war in den Jahren 1946 – 1959 von Gefangenen errichtet worden, die fernab des Festlands übelstem Machtmissbrauch ausgesetzt waren und schliesslich 1959 mit einem Aufstand das Ende der Strafkolonie herbeiführten. Bei heftiger Sonneneinstrahlung und schwüler Hitze marschierend, war ich bereits um neun Uhr morgens durchgeschwitzt – wie ungleich viel mühsamer muss die Plackerei für dieses Monument der Sinnlosigkeit da gewesen sein!

Muro de las Lágrimas

Auf dem Weg zur Mauer begegnete ich einigen schlafenden Kuba-Flamingos, zahlreichen Krabben, Eidechsen, Meerechsen und Seevögeln sowie vierzehn Riesenschildkröten in freier Wildbahn. Acht davon kühlten sich in einem kleinen Teich ab, zwei waren gerade mit Arterhaltung beschäftigt.

Kuba-Flamingos
Meerechse am Strand

Vom Cerro Radar, der während des Zweiten Weltkriegs von den USA für die Luftüberwachung im Pazifik genutzt worden war, genoss ich den Rundumblick über die Südseite der Insel. Anschliessend spazierte ich am Strand entlang zurück ins Dorf, wo ich mich in einem klimatisierten Restaurant abkühlte. Den Rest des Tages verbrachte ich mit Schorcheln, wobei ich eine besondere Begegnung hatte, ausnahmsweise sogar mit Kamera ausgerüstet: Ein Seelöwe legte eine Show für mich ein und schwamm und tollte minutenlang um mich herum, sprang aus dem Wasser, schoss immer wieder direkt auf mich zu und drehte haarscharf vor mir ab. Und hätte mein Handy unter Wasser nicht einen eigenen Willen, würde sogar noch ein Pinguin durch das untenstehende Video tauchen.

Noch vor Sonnenaufgang ging es am nächsten Morgen wieder zurück nach Santa Cruz, wo ich gleich im Anschluss an die Überfahrt eine Tour durch die Bucht gebucht hatte. Zunächst führte ein Spaziergang vorbei an hunderten von Roten Klippenkrabben, dem geheimnisvollen Canal del Amor und dem Canal de los Tiburones, einem kleinen Meeresarm, den Haie gerne als Ruheplatz nutzen. Leider war bei meinem Besuch das Wasser trüb und keines der Tiere liess sich blicken. An der Playa de los Perros waren dafür die Meerechsenweibchen emsig damit beschäftigt, im Sand Nester zu graben. In Las Grietas konnte ich in einer Spalte schwimmen, die mit kristallklarem, sonnendurchfluteten Wasser gefüllt war, vor der Küste schorchelte ich durch ganze Schwärme mit hunderten von tropischen Fischen.

Playa de los Perros

Am Nachmittag besuchte ich die Galapaguera im Ort, wo fünf verschiedene Arten der umliegenden Inseln aufgezogen werden. In zwei Monaten sollen auf Floreana erstmals seit der Ausrottung dort wieder Schildkröten angesiedelt werden – die Spezies überlebte, weil Piraten sie auf Isabela eingeschleppt, bzw. im Sturm über Bord geworfen hatten. Ab dem vierten Lebensjahr haben die Schildkröten keine natürlichen Feinde, dafür aber als Makrofauna eine entscheidende Rolle im Ökosystem des Archipels: Sie schaffen Lichtungen und verteilen Pflanzensamen über grosse Distanzen. Gerade erst berichtete die BBC diesbezüglich über "an army of reptilian bulldozers".

Ein weiterer Ausflug führte mich schliesslich zur Bucht La Fe und zur Insel Pinzón. Auch hier stand Schorcheln auf dem Programm und offenbarte weitere Einblicke in die Unterwasserwelt. Neben den ruhigen Meeresschildkröten gab es tauchende und schwimmende Meerechsen zu bestaunen. Etwa eine halbe Stunde lang können sie im Wasser bleiben, um Algen zu fressen, danach müssen sie sich an Land aufwärmen. Mehrere Stachelrochen zogen vorbei oder versteckten sich im Sand und junge Schwarzspitzen-Riffhaie versuchten ziemlich erfolglos, in einem dichten Schwarm von Fischen zu jagen. Am Meeresboden lauerte gut getarnt ein Steinfisch, dessen Stich eines der stärksten bekannten Gifte freisetzt. Bei Menschen löst es heftige Schmerzen und Lähmungserscheinungen auf, ohne Behandlung mit Gegengift kann es sogar tödlich sein.

Steinfisch

Am letzten Tag legte mein Taxi auf dem Weg zum Flughafen zwei Zwischenstopps in den höheren Lagen von Santa Cruz ein. Zuerst hielt der Fahrer auf der El Chato Ranch an, wo eine Vielzahl wilder Galápagos-Schildkröten lebt. Auch hier erfuhr ich noch Neues über die Reptilien, beispielsweise, dass sie nur etwa vier Stunden täglich aktiv sind und ansonsten schlafen und sich in Schlammtümpeln ausruhen, um nicht zu überhitzen. Nur der Panzer und die Köpfe sind dann zu sehen. 

Schlammbad für Reptilien

In der Gegend gibt es zudem mehrere Lavatunnel, welche entstanden, als sich an der Oberfläche von Lavaströmen eine feste Kruste bildete. Die derart thermisch isolierte Lava floss weiter talwärts und liess die Tunnel zurück. Ein ähnliches Phänomen bildete die Gesteinsformation Los Gemelos. Diese Zwillingskrater entstanden durch den Einsturz von unterirdischen Hohlräumen. Heute wächst dort dichte Vegetation, insbesondere die verschiedenen Spezies der endemischen Scalesia, die durch landwirtschaftliche Aktivität in ihrem natürlichen Habitat fast vollständig verdrängt worden ist. Leider wurden die Inseln in der Vergangenheit vor allem für die teilweise fruchtbaren Böden geschätzt und fremde Arten angesiedelt, wodurch viele endemische Pflanzen gefährdet sind; Brombeeren zählen zu den besonders problematischen Neophyten. Unter anderem durch den Tourismus werden zudem weiterhin neue Arten und Krankheiten eingeschleppt, mit Nahrungsmitteln, an den Schuhsohlen oder mit Campingausrüstung beispielsweise. Im Einreiseformular war ich zwar gefragt worden, ob ich derartige Ausrüstung mitführe, konkrete Massnahmen waren aber erstaunlicherweise nicht damit verbunden.

Lavatunnel
Los Gemelos

Auf der Insel Baltra, die den Flughafen beherbergt, sah ich zum Abschluss im Vorbeifahren noch einige Drusenköpfe (Galápagos-Landleguane), danach ging es wieder Richtung Festland.

P.S.: Auf dem Handy kann ich die oben erwähnten Artikel leider nicht direkt verlinken, daher für Interessierte hier die Adressen zum Kopieren:

  • https://www.nzz.ch/international/im-hafen-von-guayaquil-beginnt-die-reise-des-kokains-nach-europa-ld.1775478
  • https://www.bbc.com/future/article/20240220-the-giant-tortoises-boosting-biodiversity-in-the-galpagos
René
hat geschrieben
Dienstag, Februar 27, 2024
Fantastisch, was du alles siehst und erlebst!
Christiane Oehler
hat geschrieben
Freitag, März 1, 2024
Beneidenswert! Toll, was du alles erleben durftest!
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