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Mit 115'328 PS und einer Geschwindigkeit von 22 Knoten sind wir auf dem Atlantischen Ozean unterwegs.
Wir folgen dabei einer so genannten Grosskreisroute, welche die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten auf der Erdoberfläche darstellt. Anders als ein Kreuzfahrtschiff scheut der einzige verbleibende Transatlantikliner nicht das offene Meer, sondern ist mit seiner stabilen Hülle für diese Aufgabe optimiert. Im Vergleich zu einem Kreuzfahrtschiff mit ähnlichen Dimensionen wurden für den Bau rund 40% mehr Stahl verwendet. Die stärkere Motorisierung macht das höhere Gewicht aber mehr als wett; die Queen Mary 2 ist das schnellste Passagierschiff ihrer Grösse.
Mehr als drei Tage sind inzwischen vergangen, seit wir vom Mayflower Cruise Terminal in Southampton aus in See gestochen sind, um die rund 3'140 Seemeilen nach New York zurückzulegen. Mein erster Eindruck der Queen Mary 2 war vor allem Erstaunen über deren Eleganz, trotz ihrer schieren Grösse. Stolze 345 Meter misst das Flaggschiff der Cunard-Linie vom Bug zum Heck, sie ragt mehr als 60 Meter über der Wasserlinie auf und ist 41 Meter breit. In ihrem Aussehen ist sie den Ozeandampfern des vergangenen Jahrhunderts nachempfunden.

Die öffentlichen Innenräume sind prunkvoll gestaltet und mit tausenden Kunstwerken ausgeschmückt, seien es Bilder oder Skulpturen. Diese können beim Gang durch die Korridore, Treppenhäuser und Speisesäle entdeckt und bewundert werden.


Auch die Gepflogenheiten an Bord lehnen sich an diejenigen der goldenen Zeiten des transatlantischen Schiffsverkehrs an. So gibt es beim Dinner in mehreren der 13 Restaurants Kleidervorschriften, bei den Galadinners ist gar "Black Tie" angesagt. Daher hängt in meinem Schrank ein Anzug samt Fliege neben dem grossen Rucksack voll funktionaler Wäsche, Schlafsack und Zelt.
Aber auch die Unterhaltung unterscheidet sich wohl von der auf einem durchschnittlichen Kreuzfahrtschiff: Traditionelle Deckspiele werden durchProben des Gästechors, Kurse im Aquarellmalen oder Bridge ergänzt, das Tagesprogramm umfasst aber auch diverse Vorträge, Triviaettbewerbe, musikalische Darbietungen, Theater, Tanz und - ganz wichtig - Afternoon Tea, begleitet von Harfenklängen, Piano- oder Streichmusik der Bordkapelle. Aber natürlich hat es auch hier mehrere Swimmingpools, einen Fitnessraum, Yoga- und Zumba-Lektionen, ein Casino sowie ein Planetarium / Kino.

Dass zumindest ein Teil der Gäste sich durchaus mehr Luxus gewöhnt ist als ich, ist an den Boutiquen ersichtlich, mit denen das Schiff aufwartet: Neben einer Kunstgalerie, einem Uhrengeschäft und einer Parfümerie findet sich eine Bijouterie - eine der wenigen überhaupt, in denen Werke aus dem Hause Theo Fabergé, des Neffen Carl Fabergés, erstanden werden können.

Einer meiner Lieblingsplätze auf dem Schiff befindet sich auf einem der unteren Decks. An grossen Fenstern sind Sessel ufgestellt, die zum Lesen und verträumten Betrachten des Ozeans einladen. Ein Deck weiter unten, direkt über den Wellen, stehen Spieltische, wo ich schon eine Partie Schach gegen einen Mitreisenden bestreiten und gewinnen konnte.

Ein grosser Vorteil ist, abgesehen von der Ruhe, die hier herrscht, der Schutz vor dem stetigen Wind und dem rasch wechselnden Wetter. War uns beim Einschiffen in Southampton noch ein fast wolkenloser Himmel beschieden gewesen, war schon am nächsten Morgen der Leuchtturm am Bishop's Rock im Dunst nicht erkennbar. Zwischenzeitlich hat dichter Nebel geherrscht und Regen ist gefallen, gestern erfreuten wir uns aber an einem fantastischen Sonnenaufgang und einem recht sonnigen Tag an Deck.



Ein riesiges Plus an einer solchen Schiffsreise ist, dass bei der Ankunft im Zielhafen kein Jetlag herrscht. Um das zu erreichen, werden in mehreren der 7 Nächte die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Die Bordzeit entspricht so in etwa der tatsächlichen Zeit vor Ort. Übrigens ebenso fantastisch ist die beständige leichte Auf-und-Ab-Bewegung des Schiffs: So sanft und liebevoll wie hier durch die Wellen wurde ich seit Langem nicht mehr in den Schlaf gewiegt 😊





